
Das Merziger Stadthaus
Bedeutender Spätrenaissancebau des Saarlandes
Eines seiner schönsten Wahrzeichen und einen der bedeutendsten Spätrenaissancebauten des Saarlandes verdankt die Kreisstadt Merzig dem Trierer Kurfürsten und Erzbischof Philipp Christoph von Sötern (1632-1652).
Zwischen 1647 und 1649 entstand der heute „Stadthaus“ genannte Bau als kurfürstliches Schloss nach Plänen des Trierer Hofbaumeisters Matthias Staudt. Die „Charta topographica des Gemeinen Marck Flecken Mertzig“ von 1731 zeigt den sogenannten „Newen Bau“ mit einer Gartenlage am Rande der damaligen Bebauung. Im Laufe der Jahrhunderte wurde der Bau mit Landschlosscharakter, der dem „Dorff Mertzig“ städtisches Gepräge verlieh, zum Mittelpunkt des Stadtzentrums.
Mit dem Konzept des Stadthauses folgte der Architekt französischen Vorbildern des 16. Jahrhunderts, den sogenannten Manoir-Bauten (Land-, Lust- oder Jagdschlösser), zu deren bedeutendsten deutschen Vertretern das Merziger Stadthaus zählt. Im ersten Drittel des 18. Jahrhunderts gestaltete Baumeister Christian Kretzschmar im Rahmen von Wiederherstellungsarbeiten nach einem Brand das Gebäude im barocken Stil um. So wurde der zerstörte ursprüngliche Treppenturm an der Rückfront durch eine effektvolle Freitreppe mit aufwändig gestaltetem Portal ersetzt. Die meisten Fensterleibungen (mit Ausnahme der am Westgiebel und der Hofseite, die noch heute in der ursprünglichen Form erkennbar sind) erhielten barocke Rahmungen.
Besonders bemerkenswert sind hierbei der aus Ranken hervortretende Kopf über dem Doppelportal und die mit Köpfen verzierten Schlusssteine über den Fenstern, ein damals beliebtes Motiv, wie es Kretzschmar auch bei seinem bekanntesten Bauwerk, der Abtei in Mettlach, verwandt hat.
Heute dient das Stadthaus als Verwaltungsgebäude der Stadtverwaltung und beherbergt unter anderem das Trauzimmer.
Terrakotten von Herrenchiemsee
Im Inneren des Merziger Stadthauses erwartet den Besucher eine ganz besondere Sehenswürdigkeit. Seit 1998 finden sich hier als Dauerleihgabe der Bayerischen Schlösserverwaltung 16 Terrakotten, die ursprünglich für den Fassadenschmuck des Schlosses Herrenchiemsee bestimmt waren.
Nahezu der gesamte Fassadenschmuck des bayerischen Königsschlosses stammt nämlich aus der Terrakotta-Fabrikation des Merziger Unternehmens Villeroy & Boch. Schon um 1879, in der Zeit, als Ludwig II. seine Schlösser baute, hatten die Merziger die Kunst entwickelt, ihre Terrakotten Naturstein täuschend ähnlich nachzubilden. Merziger Terrakotten wurden für den Fassadenschmuck von repräsentativen Bauwerken in der ganzen Welt geordert. Noch heute lagern in den Kellergewölben von Herrenchiemsee hunderte von Bauornamenten wie Fensterkrönungen, Flammenvasen oder Maskensteinen. Sie waren für die zusätzlich zum Hauptgebäude geplanten beiden Seitenflügel, von denen einer bereits im Rohbau stand, bestimmt und schon geliefert worden.
Als Ludwig II. dann 1886 verstarb wurde der Bau eingestellt, der Flügelrohbau zu Beginn des letzten Jahrhunderts wieder abgerissen. Die in den Kellern lagernden Terrakotten gerieten in Vergessenheit. Ende 1997 gelang es der Kreisstadt Merzig und dem Unternehmen Villeroy & Boch nach Verhandlungen mit der Bayerischen Schlösserverwaltung dann, einen Teil der Kunstwerke als Dauerleihgabe wieder nach Merzig zu holen. Nach mehr als 100 Jahren zeugen diese Beispiele bemerkenswerter Kunstfertigkeit an ihrem Entstehungsort wieder vom Geschick und Fleiß ihrer Merziger Schöpfer.
Kontakt
Das Merziger Stadthaus
Poststraße 20
66663 Merzig
tourist@merzig.de
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