
Friedhof Merzig, Propsteistraße
Von Gräbern, die viel erzählen können
Den Propsteifriedhof findet man oberhalb der romanischen Kirche St. Peter. Groß ist er, trotzdem aber überschaubar, und mit wunderbarem alten Baumbestand. Er liegt fußläufig zur Kreisstadt Merzig und somit ein Ort, wo man sich trifft und begegnet. So ist der Friedhof nicht nur ein Ort der Besinnung, sondern auch der Kommunikation.
Hier findet man zwischen den alten Bäumen historische Grabsteine, die Geschichten erzählen. Bedeutsame Steine sind hier erhalten, die von der Stadt unterhalten werden. Eine Mauer umgibt den Friedhof. Oben am Hang steht das gewaltige Ehrenmal für die Gefallenen des Ersten Weltkrieges mit der großen Pieta, der Gottesmutter mit dem Leichnam Jesu. Dahinter ist die Wand mit den Namen der Opfer beider Kriege. Als das Denkmal 1924 errichtet wurde, ahnte noch niemand, dass der nächste Weltkrieg schon vor der Tür stand und wiederum viele Merziger das Leben kosten würde. So sind zahlreiche weitere Namen auf der Mauer hinzugekommen. Rundum erinnern Gedenktafeln an die jungen Menschen, die in den beiden Kriegen ihr Leben verloren haben.
Charakteristisch für die Grabkultur des Propsteifriedhofes sind die qualitativ hochwertigen Terrakotta-Skulpturen aus der Fabrik Villeroy & Boch, die in dieser Vielfalt einzigartig sind.
Auf dem Propsteifriedhof haben viele Bürger die letzte Ruhe gefunden, die sich in besonderem Maße um die Stadt verdient gemacht und sie mitgestaltet haben, und solche die durch ihr Schaffen weit über die Grenzen der Stadt hinaus Bekanntheit und Ansehen erlangten. Wie z.B. Ernst Thiel: ab 1887 war er 30 Jahre lang Merziger Bürgermeister. Drei Söhne hat er im Ersten Weltkrieg verloren, seine Frau ist darüber vor Kummer gestorben. Oder das aufwendige Grabmal der Familie des „Königlichen Kammerherrn“ Constantin von Briesen. Von Pommern, wo er im Jahre 1821 geboren wurde, hatte es ihn nach Merzig verschlagen. Er war hier von 1853 bis 1866 Landrat, hat sich intensiv mit der Geschichte der Region befasst. Von seinen heimatlichen Aufzeichnungen aus dem Bereich Merzig zehren die Historiker heute noch. Von Briesen wurde dann versetzt, er starb 1877 in Homburg von der Höhe. Tatsächlich hat er sich das Leben genommen, was eigentlich früher ein christliches Begräbnis „in geweihtem Boden“ unmöglich machte. Trotzdem liegt er im aufwendig gestalteten Familiengrab, in dem seine Mutter bereits bestattet war, die 1866 79-jährig in Merzig gestorben war.
Eine wahre Attraktion ist das „Zigeunergrab“. In diesem Grab wurde die am 12. Januar 1892 im Kindbett verstorbene Latchi Lani, geb. Blum, beerdigt. Die junge Frau war Mitglied einer aus Südosteuropa stammenden Künstlergruppe, die sich zu jener Zeit in Merzig aufhielten. Jahrelang kehrte die Künstlergruppe, deren Mitglieder eigentlich keine Zigeuner gewesen sein sollen, an die Grabstelle zurück, um der toten Latchi Lani die Ehre zu erweisen. 1992 hat die Stadt das Grab restauriert und die Instandhaltung übernommen.
Viele Gäste kommen auch um die Grabstätte von Gustav Regler zu besuchen. „Gustav Regler Dr. phil. Schriftsteller 1898 – 1963“ ist in die aufgeschlagenen Seiten eines Marmorbuches eingemeißelt, welches auf dem Grab seiner Eltern liegt. Der international bekannte Schriftsteller wurde am 25. Mai 1898 in Merzig geboren und starb ab 14. Januar 1963 au seiner Reise in Neu-Delhi. Seine Urne wurde nach Merzig gebracht und hier beerdigt.
Der Propsteifriedhof wurde im August 1839 eingeweiht. Der „Neue Friedhof“ wurde er damals genannt. Zuvor wurden die Toten rund um die Kirche St. Peter beerdigt, wie es früher überall Brauch war.
Die letzte Erweiterung des Propsteifriedhofes erfolgte 1966. Mit der Einsegnung des Waldfriedhofes 1971 war keine neue Ausdehnung des Propsteifriedhofes erforderlich.
Quelle: Artikel aus der Saarbrücker Zeitung; erschienen am 20.08.2011, verfasst von Traudi Brenner.
Öffnungszeiten
Der Friedhof ist ganztägig geöffnet. Das Betreten des Friedhofs bei Dunkelheit, Schnee- und Eisglätte erfolgt auf eigene Gefahr.
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